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Atlantiküberquerung (19.11.2014 – 22.11.2014): Mit dem Ozean überleben lernen

Spoiler: Es wird niemand verletzt.

Mit hohem Einsatz von Nerven, Diesel und vermutlich auch Fugenmasse
unseres Bootes (sie quietscht an einigen Stellen etwas) sind wir
besseren Winden entgegengefahren. Besser sah in der Vorhersage aus wie
15 – 18 Knoten Wind. Zwischen Nordwest bis Nord. So wollten wir
zumindest Richtung Süden segeln.

Was dann kam, war zeitweise knüppelhart: 25 Knoten Wind waren die Regel.
In durchaus längeren Böen zeigt der Windmesser 32 Knoten an. Wir pflügen
mit dem zweiten Reff im Großsegel durch eine kabbelige See. Die größten
Seen erreichen gut und gern über vier Meter. Drei sind die Regel. Die
alte Welle aus West steht noch. Dazu die typische Atlantikdünung. Und
nun peitscht der Wind weitere Wasser aus einer dritten Richtung hoch.
Wohin wir Alytes auch steuern, um die Wassermassen im 45-Gradwinkel zu
nehmen, irgendeine Welle kommt immer von vorn. Unser Boot steigt auf und
rast auf der anderen Seite herunter. Dort wartet nach sehr kurzem Tal
schon die nächste. Alytes taucht ein. Gischt spritzt den Rudergängern
mit knapp 70 km/h ins Gesicht.

Wir fahren hart am Wind, mit einem Winkel von 41 Grad. Nicht schlecht
für einen Katamaran. Wir machen dabei bis acht Knoten Fahrt. Der
Fahrtwind wird zum schon herrschenden Starkwind addiert. Die Ohren sind
jedenfalls freigepustet. Um auf Spur zu bleiben müssen die Rudergänger
hart arbeiten und nach den üblichen drei Stunden fällt jeder zunächst in
die Waagerechte.

Mit im Schnitt sieben Knoten rasen wir gen Süden. Wir werden aber auch
gehörig durchgeschüttelt. Aber wir segeln. Und im Gegensatz zum
Motorgeknatter ist das heulen des Windes auch in der Nacht allemal
besser. Altytes schlägt sich wacker und ich werde etwas eifersüchtig auf
Janne. Am Abend gesteht er mir: „I think I start to fall in love with
this boat.“

Unser Kat nimmt die Wellen zwar am liebsten von schräg hinten. Aber wir
lernen, dass sie auch Wellen direkt von querab gut verträgt. Zu steil
sollten sie nicht sein, aber die vier Meter hohe, lange Dünung ist kein
Problem. Und sie verliert hierdurch kaum Fahrt. Ziemlich cool, unsere
Kröte.

Allen geht es weiterhin ausgezeichnet, auch wenn die Wachen hart sind.
Mina liest und stellt Rekorde in Temple Run auf dem iPad auf. Wir
anderen leben um zu steuern und steuern um zu leben.

Eigentlich ist Besserung für den Freitag vorhergesagt. In meiner Wache
(09:00 h – 12:00 h) kommt eine Wolkenfront auf uns zu. Hoffnung.
Hiernach scheint die Sonne. Aber nein, hiernach kommt die nächste Front.
Diesig und grau. Viel Regen. OK. Hiernach blauer Himmel. Wieder nicht.
Dann die dritte. Der Wind steigt auf 26 Knoten. Regen. Wellen. Plötzlich
blau. Plötzlich knarrt die Angel.

Alle stürzen sich auf die Rute, ich bleibe am Steuer und versuch, Alytes
zu verlangsamen. Janne nimmt den Kampf auf. Mina hält den Gin bereit,
Ingo die Gaff und Heide den Kescher. Ein harter Kampf, Janne gewinnt und
wir ziehen ein stattliches Mahi-Mahi-Weibchen an Deck. Sie haucht ihr
Leben im süßen Delirium aus, nachdem Heide kräftig Gin hinter Ihre
Kiemen gegeben hat.

Kaum ist der Fisch ausgenommen, knarrt die zweite Angel. Ein weiterer
Mahi-Mahi. Etwas größer diesmal. Unser Abendessen ist gesichert.

Und unsere Stimmung sollte noch besser werden: Denn während des Fights
mit den Fischen haben wir übersehen, dass der Wind auf Nord-Nordost
gedreht hat. Und er bläst nur noch mit 14 Knoten. Und der Himmel ist blau.

Wir haben den Passat gefunden!

Musik: Machine Head, Through the Ashes of Empires
Bücher: Auf keinen Fall!

Atlantiküberquerung (16.11.2014 – 19.11.2014): Mit dem Ozean leben lernen

Wir hatten einen – sagen wir – sicheren Start über die Ziellinie. Da die
Hälfte der Crew weder Boot noch Segel kannte, haben wir uns an der Linie
etwas zurückgehalten und sind etwa am Anfang des hinteren Drittels über
Start gesegelt.

Es folgten einige schöne Stunden. Vor dem Wind sind wir unter Parasailor
(unserem Lieblingssegel) in Richtung Süden gefahren. Die Winde, die uns
in den nächsten Tagen erwarteten waren allerdings für Alytes wenig
nutzbar. Schwach und vor allem von vorn. Gleichzeitig drohte uns im
Süden eine ausgewachsene „West-Schwachwindzone“, in die wir auf keinen
Fall geraten wollten.

Unsere noch immer recht wirksamen Land- und Job-Instinkte trieben uns
unter Motor gen Westen, südlich von El Hierro. Wir bewegten uns zwischen
Regen und Traufe: Entweder viele Tage bei der Überfahrt verlieren oder
mindestens die Hälfte der Dieselvorräte aufs Spiel setzen. Wie schon
zuvor beschrieben, haben wir das Spiel gewählt. Spaß hat es nicht
gemacht. Mit fünf Knoten gegen den Wind, um eine günstige Wetterzone zu
erreichen. Eine hohe Welle prügelt Alytes durch. Wenn die Wellen
zwischen den Rümpfen unter das Boot krachen, scheint es als sei Poseidon
persönlich mit dem Vorschlaghammer am Werk. Der Salon wirkt wie ein
Klangkörper. Wir fühlen uns gelegentlich wie eine Horde Ameisen in der
Bass-Drum von Metallica. Heide und ich werfen uns einige verstohlene
Blicke zu und zucken bei jedem Schlag ein wenig zusammen.

Ich bin in diesen ersten Tagen vollkommen rastlos. Denn das
Diesel-Invest könnte uns später teuer zu stehen kommen. Brauchen wir
doch immer etwas Diesel, um unsere Batterien aufzuladen und den
Wassermacher zu betreiben (zur Beruhigung: Wir haben 600 Liter Wasser im
Tank und nochmals 230 Liter Trinkwasser in Flaschen, werden also nicht
verdursten). Und die nächste Flaute kann uns 1.000 Seemeilen vor dem
Ziel erwarten.

Aber der Regatta-Kontext und die Gewohnheit an Land eben alles zu einer
Zeit zu erreichen, die man weitgehend selbst wählt, nagt auf einer
Seite. Auf der anderen zehren die Risiken, die sich durch geringen
Dieselvorrat realisieren könnten.

Erst später realisiere ich, dass das alles Quatsch ist. Im Zweifel
hätten wir eben einen oder zwei Tage in windarmen Regionen gewartet. Die
Welt hätte sich weitergedreht und wir wären auch ohne schlaflose Nächte
angekommen. Wir sind eben Segler, wie Heide so schön zu sagen pflegt.

Und die Crew? Heide ist wie immer gelassen. Mina langweilt sich, da die
Erwachsenen entweder müde oder beschäftigt sind. Für sie waren in den
ersten Tagen Ferien. Ingo nervt es höchstens, dass die schönen Segel
dieses Bootes nicht genutzt werden und statt dessen der Motor knattert.
Janne findet sich, trotz des Lärms der Wellen in seiner Kabine, schnell
ins Seglerleben ein. Am Steuer ist er ein echtes Naturtalent. Anders als
die meisten Menschen, hat er die Prinzipien des Katamaransegelns mit
seiner Motorboot- und Pilotenerfahrung in wenigen Stunden im Griff. Die
Stunden auf einem Race-Katamaran haben vermutlich auch geholfen. Oder es
sind einfach seine Åland-Gene.

Am Ende erreichen wir die „günstigen“ Wetterzonen. Mit Windstärke sechs,
in Böen sieben, rasen wir Richtung Süden.

Bücher: Keine (es ist zu aufregend)
Musik: Keine (es ist zu laut)

PS: Leider können wir während der Fahrt keine Fotos hochladen
PPS: Wir sehen Eure Kommentare zur Zeit nicht, da wir nicht per Browser
surfen können. Wenn wir ankommen antworten wir mit Freude auf jedes
Posting.

Atlantik 18.11.2019 50 Meilen südlich von Hierro

Endlich haben wir Wind!
Aber zugegeben, wir hatten an den ersten Tagen einige kleine
Herausforderungen zu bestehen. Die Lernkurve dabei war – mal wieder –
recht steil.
Vor allem der schwache Wind hat uns den einen oder anderen Streich
gespielt. Dazu kam er auch aus einer nicht ganz optimalen Richtung.

Aber wir haben nun einige Tricks herausgefunden, wie wir unsere Alytes
auch bei widrigem Wind auf den richtigen Kurs bekommen.

Wir hatten bei der Festlegung unserer Route die Wahl zwischen Regen und
Glücksspiel: Regen bedeutet in diesem Fall, dass wir der empfohlenen
südlichen Route gefolgt wären. Viel Gegenwind und im schlimmsten
Szenario ein Landfall in Mauretanien. Das Glücksspiel ist eine Front mit
viel Wind, die sich von Westen nähert und den Wind optimal lenken würde.
Dazu Windgeschwindigkeiten von 15 – 25 Knoten.

Kurz gesagt, wir haben gespielt und es sieht aus, als hätten wir
gewonnen. Die Front ist da, wir segeln mit über sieben Knoten auf
optimalem Kurs. Ob wir damit das Feld einholen, könnt Ihr Leser auf der
Trackerseite sicher besser sehen.

Alle an Bord sind wohlauf. Mina hat keine Schule bei den Wellen und
freut sich auf Extra-Zeit mit Schoko und Spielen. Heide freut sich,
endlich ohne Motor schlafen zu können. Janne und Ingo können nicht
aufhören zu grinsen. Segeln halt.

Herzliche Grüße,
Alytes Crew

Atlantic Odyssey Tracking – Follow the Toad

Für alle, die Lust haben Alytes auf Ihrem Weg über den Atlantik zu verfolgen, gibt es diesen Link:

Atlantic Odyssey Positionen auf dem Atlantik

Wir werden unseren kleinen Sender erst am 04.11. an Bord nehmen, daher sind wir zunächst unsichtbar. Spätestens ab dem 16.11.2014 um 11:00 Uhr wird es dann spannend.

Viel Spaß,
Fritze

Teneriffa – Las Galletas (Marina del Sur)

Nach einer ruhigen Überfahrt von La Gomera nach Teneriffa sind wir an der Südküste begrüßt worden von Pilotwalen, dir dort ganzjährig zu finden sind. Sie sind recht klein und fast mit Delfinen zu verwechseln, nur dass die fast schwarzen Wale an der Wasseroberfläche dümpeln statt wie Delfine verspielt durch das Meer zu springen. Weiterlesen