Nachdem wir durch einige windreiche Tage und Nächte mit bis zu 32 Knoten
aus südost gesegelt sind, hat sich das Wetter beruhigt. Wir freuen uns
über konstante 20 Knoten aus Ost und lachen dabei über die Macht der
Relativität:
Wenn der Wind von 14 auf 20 Knoten auffrischt, sind 20 – 22 Knoten von
der Seiten schon ein hübsches Brett. Da wird gern mal die Regenjacke
angezogen (wegen der Squalls und der überkommenden Wellen) und die
Schule kann auch verschoben werden.
Schwächt sich der Wind aber von 32 Knoten auf 20 ab, kehrt Ruhe ein.
Entspanntes Segeln an der Windfahne und trotz der alten 2,80-Meterwelle
wird mit Mina Mathe in den Hunderttausendern gemacht und das SZ im
Deutschunterricht eingeübt. Zitat Heide zur gestrigen Nacht: Endlich mal
wieder gut geschlafen, bei der Ruhe.
Zugegeben: Die Änderung der Windrichtung hilft enorm, denn Wind und
Welle von achtern sind einfach deutlich angenehmer als von der Seite.
Entsprechend der neuen Lage sind wir ganz entspannt. Wir haben über
1.000 Seemeilen hinter, weniger als 250 vor uns. Wenn alles gut geht,
werden wir am kommenden Freitag kurz vor Mittag den Landfall auf der
Vava’U-Gruppe in Tonga machen. Damit das auch klappt, haben wir statt
des Vorsegels nun unser Lieblingssegel, den 145qm Parasailor gehisst und
das Großsegel geborgen. Das „gelbe Wunder“ zieht uns mit bis zu 9,5
Knoten (dreizehn, wenn wir wieder mal einen größere Welle
heruntersurfen) durch den Pazifik. Meist sind es allerdings eher sieben
bis acht. Alytes läuft weiter wie auf Schienen. Die Sonne zeigt sich
zwischen einem ganzen Album verschiedener Wolkenformen und schickt helle
Strahlen durch die diesige Luft auf den dunkelblauen Ozean. Eigentlich
warten wir darauf, dass sich zwei Rahsegler in verbissener Seeschlacht
die Breitseiten um die Ohren hauen. Der Himmel würde es jedenfalls hergeben.
Das ruhigere Wetter bringt auch wieder Abwechslung in die Küche. Nach
Hähnchencurry mit polynesischer Kokusmilch (durch Knoblauch und
Krabbenköpfe aufgewertet) heute mal wieder ein Stück von unserem 20 kg
Skipjack Tuna. Diesmal, trotz der Welle schön mediterran gewürzt,
paniert und als Snack frittiert. Wenn das Öl bei 180 °C im Topf leise
hin und her schwappt freuen wir uns immer, dass wir auf einem Katamaran
segeln. Die Idee zum leichten Fritten-Mahl wäre mir auf einem Mono mit
20 Grad Krängung eher nicht gekommen.
In der Abendsonne halten wir Ausschau nach den hoffentlich zahlreichen
Buckelwalen, die sich um Tonga herum zur jetzigen Zeit paaren. Heide
lauscht bereits täglich an der Bordwand, ob schon ein Männchen einen
Minnesang angestimmt hat. Bisher allerdings noch erfolglos.
Mina widmet sich zur Zeit den praktischen Aspekten der Tierbesitzerin
und säubert die Mäuse. Die drei sind weiterhin putzmunter. Mina nach
einer Stunde kombinierten Hörspiel-Hörens und Streu-ausmistens unter
Deck nicht unbedingt, aber eine Minute mit Wind in der Nase löst alle
Probleme in der Richtung von Seekrankheit.
Meine Wache neigt sich dem Ende zu. Für die Nacht werden wir den
Parasailor wieder einholen und einfach mit dem Vorsegel weiterziehen.
Einen neuen Bericht und ein paar Fotos gibt es, wenn wir in Tonga
festgemacht haben. Hoffentlich finden wir dort ein Internet-Zugang…