Almeria bis Marbella – ein Törnbericht

Wir haben Almeria auf unserem Weg nach Südwesten an Steuerbord passiert. Die Küste wird bleibt kontuiert, die Berge ziehen sich zwar – im Gegensatz zum Cabo de Gata – etwas zurück, bleiben aber sichtbar. Dann und wann tasten sie sich auch bis zum Meer vor.

Die Küste ist stellenweise auch hier verbaut. Hier sind die Projekte aber älter. Je nach ästhetischem Verständnis oder nach Bestechlichkeit des üblichen Duos aus Bürgermeister und Projektentwickler sehen wir quaderartige Betonriegel (gerne direkt am Strand), treppenförmigen Betonkaskaden (wenn es bergig wird), oder dichtgedrängte Reihenhäuschen.

Der Phantasie der Architekten sind vor allem bei der Farbgebung keine Grenzen gesetzt. So finden sich aus den Siebzigern gelbliche Töne, in den Achzigern wird es wieder weiß oder auch mal braun, in den Neunzigern scheint man Lust auf Bordeaux (ja, sieht gut aus auf Beton) entwickelt zu haben und die neueren sind entweder Glas und Sichtbeton oder wieder weiß. Wie man es macht, vor der eigentlich imposanten Kulisse der Berge im Hinterland sind all diese Ansiedlungen keine Augenweide.

Wir fahren zur Zeit durch Flaute. Vielleicht auch das ein Grund für die teigige Trübe des Wassers. Selbst bei fünf Meter Tiefe ist nicht zu erkennen, ob unser Anker auf Sand oder Stein liegt. Hin und wieder treiben müde Teppiche aus bräunlichem Schaum, Algen oder dunklen  Spiegeleiquallen vorbei. In der südlichen Ferne liegt ein Schleier in gräulichem grünbraun über der See. Ob es die Schwerölabgase der dort verlaufenden Schifffahrtsstraße handelt oder ob es ein Wetterphänomen ist, bleibt unklar. An Schwimmen ist jedenfalls trotz unseres umfassenden Impfschutzes nicht zu denken. Selbst Mina, die sonst jede Gelegenheit für einen Sprung ins Meer nutzt, verlässt der Mut.

Mit großer Bewunderung betrachten wir die mutigen Urlauber, die tapfer vom Strand aus in die Wellen waten. Einige betrachten die Szenerie lieber aus Tretbooten, die immer häufiger in Feuerwehrwagenform daher kommen. Die Feuerwehrleiter endet in einer eine Rutsche einmetersechzig Wasserrutsch. Die bleibt an dieser Küste allerdings meist ungenutzt.

So schlängeln wir uns vorbei an unzähligen Fischerbojen von Aquadulce zum Playa del Calstello del Ferro. Wir ankern, da es kaum Wind gibt, direkt vor dem Strand. Nachts plagt uns ausgeprägter Schwell und wir fahren gleich am nächsten Tag – etwas früher als geplant – richtung Motril. Der Ort ist umrahmt von maßvollen Hochbauten. Motril selbst aber recht nett gehalten. Der Tourismus ist eher extensiv und es gibt ein authentisch spanisches Leben. Der Hafen und die Zementindustrie schaffen Arbeit außerhalb des Massentourismus und so ist der Ort in sich recht schön.

Wir verbringen hier drei Nächte. Den Hafen teilen sich Frachtschiffe, Großfähren aus Nordafrika, Fischer und wir im kleinen Club Nautico. Schon bei der Einfahrt lernen wir, wie sinnvoll es ist sich im Fahrwasser rechts zu halten. Denn die entgegenkommende Fähre hat direkt hinter dem Hafeneingang volle Fahrt voraus gegeben und macht keine Anstalten zu bremsen oder in der engen Fahrrinne auszuweichen. Das Ruder hart rum und aktiv steuern, um von der heftigen Heckwelle nicht aus dem Tritt gebracht zu werden. Sonst wird es eine David-Goliath-Nummer mit atypischem Ausgang.

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Das Personal der Marina ist extrem nett und hilfsbereit. Im Club Nautico tummelt sich ein schön organisiertes Trüppchen aus Tauchern, Seglern und Schwimmern. Es gibt einen Pool. Dazu Kinder ohne Ende (an einem der Abende wird Kinderfest gefeiert, mit Hüpfburg und Aufblasgalaxie). Aus dem verfügbaren Platz haben sie hier das beste gemacht. Zu empfehlen. Aber: Man kann hier nicht reservieren und so lagen auch wir am Kopf eines Piers und haben uns durch die Autoreifen die Bordwand schwärzen lassen.

Wir nutzen Motril vor allem als Sprungbrett für einen Besuch in Granada. Dazu an anderer Stelle mehr.

Von Motril aus geht es in einem ca. 30 SM – Schlag an die Playa Valdez-Malaga. Auch hier das gleiche trübe Bild. Zumindest werden wir von der übenden Mannschaft der örtlichen Feuerwehrflugzeuge begrüßt. Und weil wir als Segelboot ein realistisches Hindernis auf einer Wasserfläche abgeben, zeigen die Jungs sich und uns, wie knapp man über einen Mast fliegen kann. Uns kommt es vor, als würden sie unsere UKW-Antenne touchieren. Vermutlich sorgt die Perspektive für die Spannung.

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Wir fahren am nächsten Tag früh los. Malaga wollen wir steuerbords liegen lassen. Alte Erinnerungen an Torremolinos kamen auf. Meine Schwester pries in einer Mail die dort häufiger auftretenden „Schwimmwürste“. Wir hatten hier vor 20 Jahren einmal einen Urlaub verbracht und staunten, wie pragmatisch man doch mit Abwasser einer ganzen (frischgebauten) Stadt umgehen kann. Pipeline 300 m ins Meer legen und die Pumpe anwerfen. Wer plagt sich schon mit Kläranlagen rum?

Heute scheint es uns so, als hätte sich daran nicht viel geändert. Und je nachdem, wessen Radiosender man hört, welche Lokalzeitung man ließt: Es geht immer noch viel ungeklärtes Abwasser in die Buchten der Costa del Sol. Und es soll die Ursache für die Quallenplagen sein. Neben der Quasiausrottung der Lederrückenschildkröten und neben den überfischten Tunfischbeständen.

Wir ankern etwas nordöstlich am Strand vor Fuengirola. Das gleiche trübe Bild: Flaute, murkiges Wasser, Quallen (nur direkt an der Oberfläche sichtbar) und braune Blasenteppiche. Wir machen uns noch nicht einmal die Mühe, das Dinghi ins Wasser zu setzen. Die Beton-Proto-Siedlung wird ohnehin nichts zu bieten haben. Selbst die Supermärkte sind an den Stadtrand gewandert und damit für uns nur schwer erreichbar. Statt dessen machen wir Pizza und feiern Minas super Schulwoche mit ein wenig Harry Potter aus unserer kleinen Mediathek.

Am nächsten Morgen wollen wir Marbella ansteuern. Wir sind etwas faul geworden, mit der richtigen Vorbereitung. So checke ich erst heute, welche Häfen es so gibt. Denn wir wollen frisches Obst und ein paar andere Einkäufe. Außerdem soll es im Städchen einige nette Restaurants geben. Der erste Hafen, den ich mir ansehe, ist das Zentrum des in den siebzigern gebauen Chique-Örtchens. Die Liegegebühr ist passend bei fast 200 Euro. Dafür kann man dann auch den Service der Siebziger genießen. Niemand muss sich hier mit Duschen, Sanitäranlagen und WiFi herumschlagen. Das gibt es alles nicht. Ein Deal, den wir gerne ausschlagen.

Wir landen in einem kombinierten Fischerhafen (Puerto Bajadilla). Dazu, und zu Marbella später mehr.

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