Das Klima verändert sich merklich als wir von Vanuatu uns auf den Weg Richtung Salomonen und damit Richtung Norden und Äquator machen. Es wird jeden Tag wärmer und auch die Nächte sind nicht mehr so kühl. Selbst die Fleecedecken, die wir seit Tonga wieder aus den Schränken geholt haben, finden nachts nun keine Verwendung mehr. Die Fahrt ist angenehm, leichter Wind und kaum Welle. Die meiste Zeit fahren wir mit unserem Parasailor oder Leichtwindsegel gen Norden. Mina empfindet es so schön, dass sie fast enttäuscht ist, als Land in Sicht und unser Ziel nicht mehr weit ist.
Nach sechs Tagen und 780 Seemeilen ist es dann soweit, wir nähern uns der New Georgia Gruppe, wo wir einklarieren wollen. Wir fahren als erstes in die Nono-Lagoon um dort einen Ankerplatz zu finden. Die Lagune ist wunderschön! Überall sind kleine Inseln mit weißen Stränden, machmal auch nur Sandflecken im Meer. Laut Karte muss man aber genau schauen, wo man lang fährt, da zwischen den Inseln große Riffe liegen, häufig nur knapp mit Wasser bedeckt. Da die Sonne scheint, sehen wir die Untiefen recht gut.
Erst fahren wir nach Seghe, einem kleinen Ort am Ende der Lagune, der eine Polizeistation hat. Wir wollen uns hier melden, damit wir schon mal offiziell im Land sind bis wir endgültig später in Noro oder Ghizo richtig einklarieren. Während wir auf der Fahrt kaum ein Boot gesehen haben, ist es hier lebendig auf dem Wasser. Überall fahren kleine Motorboote von Ufer zu Ufer, es werden Touristen zum kleinen Flughafen gebracht oder einfach Waren zum Anlegesteg, wo kurz nach uns eine Frachter anlegt.
Wir entscheiden uns kurzfristig doch erst in Noro, dem nächst größeren Ort, die offiziellen Stellen anzulaufen und erstmal zurück in die Lagune zu fahren, um dort einen ruhigen, netten Ankerplatz für die Nacht zu suchen. Als wir zurück in die Lagune motoren, kommt uns der Wind mit 20 Knoten entgegen und wir hoppeln die kurzen, steilen Wellen auf und ab. Der Wind fegt direkt in die nach Süden hin offene Bucht und baut schnell eine Welle auf, wir versuchen dennoch einen passenden Ankerplatz hinter einer der Inseln zu finden. Laut Cruising Guide soll es hier guten Halt und einen geschützten Ankerplatz geben. Aber nur wo? Unter uns sieht man keinen einzigen Sandfleck, nur Korallen und Steine. Der Wind fegt um die Inseln herum, wir kreisen mehrmals umher und versuchen immer wieder den richtigen Spot zu finden, dann aber geben wir auf und verlassen schweren Herzens die schöne Lagune. Das Risiko ist zu hoch unter diesen Bedingungen zu ankern.
Nicht weit entfernt gibt es eine weitere Ankermöglichkeit, in einem Mangroven Flussdelta, direkt bei dem Ort Tetemara. Dieser verspricht trotz der Wetterlage ruhig zu sein und durch den Flusssand guten Halt zu bieten. Die Einfahrt ist schmal, da hier an beiden Flussufern Riffe ins Wasser reinragen. Aber sobald wir es geschafft haben, die enge Einfahrt zu passieren, wird das Wasser sehr ruhig und es wird windstill. Wir gleiten mit unserer ALYTES langsam den Fluss entlang, die Sonne geht schon fast unter und die Umgebung färbt sich in ein warmes Licht.
An beiden Ufern winken Kinder und rufen uns zur Begrüßung zu. Andere Anwohner fahren in Kanus durch das Wasser und winken. Wir haben fast das Gefühl, dass man seit Jahren auf uns wartete, mit so viel Herzlichkeit und Freude hat man uns noch nie begrüßt! So warm wie das Licht ist der Empfang, den man uns entgegenbringt.
Nachdem der Anker gefallen war, besuchte uns Vilaka Tilli, ein Holzschnitzer aus dem Dorf, mit seinem Kanu. Er ist sehr freundlich und zeigt uns einige seine Arbeiten. Wunderschöne Skulpturen von kriegerischen Gesichtern. Sie sind aus Ebenholz geschnitzt und mit Perlmutt kunstvoll verziert. Wir sind begeistert und schnell ist eines der Skulpturen unser. Zusätzlich bringt Vilaka uns Pampelmusen und Kokosnüsse, die wir gegen unsere mitgebrachten Tauschgüter eintauschen. Besonders interessiert ist er an einer Lesebrille, da sein Vater kaum noch etwas sehen kann.
Wir erfahren, dass wir erst das zweite Segelboot in diesem Jahr hier sind. In der Bucht, von der unzählige Flüsse abgehen, gibt es viele Krokodile. Eine typische Krokodil-Landschaft, das Wasser ist trüb und braun und die Mangroven reichen vom Ufer weit ins Wasser rein. Vilaka erzählt uns, dass sein Urgroßvater beim Fischen von einem Krokodil gefressen wurde, dass es aber in den letzten hundert Jahren kaum Zwischenfälle gab. Auf der Speisekarte stehen eher Hühner und streunende Hunde. Die Krokodile liegen morgens u.a. auf seinem Grundstück am Ufer. Als es dunkel wird, holen wir unsere Scheinwerfer heraus und leuchten das Wasser ab, und tatsächlich waren da plötzlich zwei funkelnde Krokodilaugen zu sehen! Wie gut, dass sie im Wasser bleiben und nicht wie die Seehunden von Galapagos dazu neigen an Bord zu kommen um dort ein Nickerchen zu halten.
Am nächsten Morgen suchen wir beim Verlassen der Bucht noch mal die Ufer ab, leider entdecken wir kein Krokodil. Aber auf den Salomonen soll es an vielen Orten diese Geschöpfe geben, somit wird es wohl noch eine Chance geben, welche zu sehen. Der Gedanke, mal eben vom Boot ins Wasser zu springen um sich abzukühlen, ist jedenfalls vorerst nicht mehr da. Zumindest nicht, wenn es Flussmündungen in der Nähe gibt und das Wasser eher trüb und brackig ist.
Schweren Herzens verlassen wir unseren schönen Ankerplatz. Gerne wären wir länger geblieben und hätten uns auch den Ort angeschaut und noch mehr über das Leben hier erfahren. Als wir früh morgens das Flussdelta verlassen liegt ein Nebelschleier über dem Wasser, wunderschön!
Internet und Telefon gibt es hier übrigens nur wenig. Vilaka erzählt uns, dass er uns eine E-Mail schreiben möchte um in Kontakt zu bleiben. Er wird sie uns das nächste Mal schicken, wenn er wieder in Honoraria ist um sein Kunsthandwerk zu verkaufen… Honoraria liegt zwei Inseln weiter und ist die Hauptstadt der Salomonen. (Später merken wir selber, wie schwer es hier ist, eine gute Internetverbindung aufzubauen, selbst für die Emails reicht unsere Mobilkartenverbindung oft nicht, das zerrt manchmal doch sehr an den Nerven).
Landschaftlich sind die Solomones übrigens wunderschön. Es gibt hohe Vulkaninseln mit tropischen Regenwäldern bedeckt, aber auch unzählig viele kleine, flache Inseln und Motus (Inseln, die auf den umlaufenden Riffen liegen), die meisten umsäumt von traumhaften weißen Stränden… und unbewohnt. Riesige Vogelschwärme fliegen den Fischschwärmen hinterher und regelmäßig sieht man große Fische aus dem Meer springen oder Delfineschulen durch das Wasser ziehen. Papageien fliegen über den Palmen der Inselbäume und krächzen vor sich hin. Hier lässt es sich aushalten.