Wir erreichen die nördlichen Inseln Indonesiens, kleine grüne Paradiese mit weißen Stränden und Palmen umsäumt, die sich wie ein Labyrinth durch das Meer südlich von Singapur verteilen. Erste große Öltanker und Frachtschiffe werden sichtbar, die zwischen den Inseln ankern. Dann ist es soweit, im Hintergrund erheben sich aus dem Dunst die Hochhäuser Singapurs. Wir haben es geschafft.
Die letzte Etappe nach Bali schien für uns zeitweise fast unmöglich zu bewältigen, hatte doch der Monsun gewechselt und es für uns sehr schwierig werden lassen, nach Norden zu kommen. Durch unseren Abstecher nach Kalimantan haben wir es dann doch geschafft uns nördlich hoch zu arbeiten, erst entlang der Küste der indonesischen Insel und dann, sobald der Windwinkel passte und wir genügend Höhe gewonnen hatten, konnten wir nordwestlich Richtung Singapur segeln.
Nur erreichen wir die letzte kleine unbewohnte Insel Indonesiens, namens Belakangpadang. Ein kleiner grüner Fleck am Rande der Singapur Straße, die befahrenste Wasserstraßen der Welt. Wir planen hier zu ankern um dann in der Früh die Straße zu kreuzen. Zwischen den kleinen Inseln geht eine starke Strömung und wir brauchen zwei Anläufe um einen Ankerplatz zu finden. Dann genießen wir den Sonnenuntergang mit Blick auf die vielen Großschiffe, die 24 Stunden täglich hier entlang fahren und im Minutentakt in Singapur andocken.
Auf Wiedersehen Indonesien, Singapur wir kommen!
Am nächsten Morgen stehen wir früh auf, der Anker ist schnell oben und mit voller Konzentration fahren wir zu der Stelle, an der eine offizielle Kreuzung des Verkehrstrennungsgebietes in unseren Karten eingetragen ist. Fritze übernimmt das Cockpit während ich an unserem Rechner parallel nach AIS Signalen anderer Boote schaue um sicher zu gehen, dass wir keine Kollision haben werden. Eng koordinieren wir unsere Informationen zu den einzelnen Frachtschiffen, Tankern, Schleppern und Fähren, die von links und rechts kommen und Vorfahrt haben. Das AIS verrät uns, wie nah die Schiffe an uns heran kommen werden und auf dem Rechner bekommen wir zudem die Info, ob wir vor oder hinter den Schiffen durchfahren werden. Da hier eine Kreuzung der Straße ist, kommen aber zudem auch Schiffe von Vorne, die aus dem Hafengebiet fahren und in das Verkehrstrennungsgebiet einfädeln wollen. Wir stehen für kurze Zeit unter Hochspannung, aber dann ist es auch schon schnell geschafft, Fritze muss einem Abbieger ausweichen und dann wir sind durch! Durch die perfekt kontrollierte Abwicklung des Verkehrs und der Tatsache, dass fast jeder hier ein AIS sendet, ist alles plan- und machbar.
Wir steuern nun direkt in die Quarantäne-Ankerzone, wo wir über Funk die Immigration-Behörde verständigen, die auch nach wenigen Minuten mit ihrem Boot erscheint und unsere Unterlagen mit einem Keschernetz einsammelt. Die Abwicklung ist hier sehr professionell und nach 20 Minuten bekommen wir die gestempelten Unterlagen wieder zurück gereicht. Da unsere Crewliste nicht alle nötigen Infos enthielt, dauerte es „so lange“, ansonsten ist der Prozess bereits nach 10 Minuten abgeschlossen. Es ist doch schön, wieder in einem so organisierten, modernen Land zu sein.
Wir laufen ein in den wunderschöner Hafen One°15 im Süden von Singapur auf der Insel Sentosa. Jetzt haben wir uns erstmal ein Frühstück verdient!
Die ersten Tage verbringen wir damit uns zu organisieren. Wir benötigen Kleinigkeiten vom Chandler, warten die Motoren und lassen uns einen neuen Lazybag anfertigen, zudem tauschen wir eines unserer Raymarin-Geräte aus. Mina darf während dessen den tollen Pool der Marina einweihen.
Es regnet leider viel, so dass wir eine Tagesrundfahrt durch die Stadt mehrmals aufschieben. Wir lernen den netten Chandler David und seine Frau kennen, die uns abends zum Essen nach Chinatown einladen. Wir fahren mit ihnen durch die wunderschön beleuchtete Stadt. Chinatown hat eine lange Straße voll mit Ess-Ständen, alles duftet lecker und besonders gut sehen die vielen gebratenen Fleischgerichte in den Auslagen aus. Jeder sucht sich etwas aus und wir bestellen zudem noch Kleinigkeiten für alle zusammen. Das Essen war fantastisch.
Auf der Rückfahrt zeigen uns die Beiden einige Highlights der Stadt, wir stoppen kurz im „Garden by the Bay“, ein wunderschöner Park mit künstlichen, skurrilen Bäumen. Bei Nacht sehen sie mit der Beleuchtung besonders spannend aus.
Singapurs Gesamtfläche ist knapp so groß wie Hamburg, hat aber 5,5 Mio. Einwohner. Zudem gibt es über eine Million Ausländer, die in Singapur leben, was der Stadt einen sehr internationalen Flair gibt. Auch die Geschäfte sind darauf eingestellt, internationales Publikum zu bedienen, überall gibt es Produkte aus aller Welt, auch deutsche Produkte waren zu unserer Überraschung allgegenwärtig.
Ich habe zudem noch nie eine Stadt mit so vielen Einkaufsmalls gesehen, auf der Orchard Road reihen sie sich direkt aneinander, manche nur mit Exklusivmarken. In anderen Vierteln gibt es Malls, die spezialisiert sind, zum Beispiel auf elektronische Produkte oder Kinderartikel. Aber schwierig wird es, wenn man eine spezielle Adresse sucht. So haben wir für Minas Mäuse mehrmals losziehen müssen, weil wir die Adressen der Tierbedarfsläden einfach nicht finden konnten, die Häuser war komplex verschachtelt und die Adressangaben aus dem Internet nicht genau genug (so hatten wir zum Beispiel nur die Block-Adresse, nicht aber die Etagen- und Eingangs-Nummer). Auch bei dem Besuch eines Arztes stand ich vor dem Fahrstuhl und der Adress-Tafel ziemlich blöd da, als ich zwar den Namen unter den 500 gelisteten Ärzten entdeckt hatte aber so gar keine Ahnung hatte, was mir die Zahl dahinter verrät. Was ist das Stockwerk und was die ganzen anderen Zahlen? Irgendwann hat man aber dann den Dreh raus und dann ist es auch einfach zu lesen.
Durch die geringe Landmasse und die vielen Einwohner, herrscht ein starker Platzmangel vor, der durch Hochhäuser und starke Auflagen bewältigt wird. Zusätzlich versucht man durch Landgewinnung die Fläche zu vergrößern. Somit gibt es wohl nur wenige Familien in Singapur, die einen eigenen Garten haben. Die meisten Menschen wohnen in den Skyscrapern, die sich durch ganz Singapur ziehen. Auch ein Auto zu besitzen ist für viele nicht finanzierbar. Singapur ist eines der reichsten aber auch teuersten Länder der Welt ist.
Unsere Tage in Singapur neigen sich dem Ende. Wir hatten einen kleine Einblick in diese spannende Stadt, die es geschafft hat, sich von den armen Nachbarländern abzuheben. Manches mag aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar sein, wie die harten Strafen für die Einfuhr von Kaugummis oder auch für das achtlose Verschmutzen der Gehwege. Aber es zeigt seine Wirkung und es ist schön, mal wieder in einer sauberen Stadt zu sein, wo nicht der Müll unachtsam ins Meer oder in die Gegend geschüttet wird. Dies hatten wir in Indonesien nur leider viel zu oft gesehen. So hat wohl jede Medaille zwei Seiten. Nur welche Seite ist besser?
Als wir Singapur verlassen und der Wasserstraße Richtung Thailand folgen, fühlen wir uns bereits wie „alte Hasen“ im Straßenverkehr. Wir halten uns weit rechts im Verkehrstrennungsgebiet und links ziehen an uns die riesigen, vollbeladenen Containerschiffe vorbei.
Erst als wir die Malakkastraße im Norden verlassen, werden wir wieder mit dem Wirrwarr der Schiffahrt konfrontiert: Fischer kommen aus allen Richtungen, kreuzen rücksichtslos oder lassen ihre Netze direkt vor unserem Bug zu Wasser. Besonders spannend war nachts auf dem AIS zu sehen, dass die Fischerboote auch gerne als Geisterfahrer entgegengesetzt der Fahrtrichtung auf uns zufahren. Die normale Welt hat uns zurück. 🙂