Wir treffen in San Blas auf zwei außergewöhnliche Dinge: Die maternalistische Gesellschaft der Kuna-Indianer und ihre grenzenlos schöne Inselwelt. Wir sind nun optimal auf die Südsee eingestimmt.
Unsere Überfahrt von Cartagena war – wie für dieses Seegebiet üblich – ruppig aber auch recht zügig. Erst zum Ende hatten wir bei etwas zu wenig Wind eine stetig hohe Welle und mussten Alytes die letzten Meilen per Motor gen San Blas quälen. Wir wollten nicht zu spät ankommen, da San Blas nicht wie die meisten Inseln der Karibik vulkanischen Ursprungs ist, sondern eher den Korallenarchipelen der Südsee ähnelt (ohne die Atolle). Solche Seegebiete sind extrem schwierig zu befahren, vor allem wenn sich niemand die Mühe gemacht hat, die Inseln im Detail und korrekt zu kartographieren.
Zum Glück gibt es einen guten Revierführer (Eric Bauhaus), der die Schwächen der offiziellen Karten durch eigene Tiefenmessungen wettmacht.
Dank hilfreicher Geister in Cartagena (Tip to the head, Manfred the Agent) waren wir auch mit Hinweisen und Empfehlungen gut für das Archipel ausgerüstet. Also rundeten wir gegen 15:30 das erste Riff mit Kurs auf die östlichen „Cayos Coco Bandero“. Für die Gegend waren zuvor hohe Wellen vorausgesagt. Wir versuchten es trotzdem und fanden mit Heides Hilfe einen traumhaften, ruhigen Ankerplatz inmitten von drei kleinen Puderzucker-Strand-Inselchen.
Schön auch das Bild auf unserem Kartenplotter: Unser Anker läge demnach mitten auf einer Insel, unser Boot über einem Riff. Teufel GPS und alte Karten.
Endlich wieder schwimmen, nach Tagen in Marina und am Stadtankerplatz von Cartagena. Mina zeigt was sie kann, als wir gemeinsam die 500 Meter zu einer der Inseln hin- und zurück schwimmen. Respekt, dachte sich da der Sportlehrer.
Auf der größeren Insel hatten sich einige Kuna niedergelassen und eine Art Backpacker-Hotel gegründet. Hier werden recht viele Rucksackreisende von Cartagena abgesetzt und verbringen einige Tage am Strand. Die Kuna machen das Beste draus und bieten auf den Inseln Hängematten, Strandplätze und etwas zu essen an.
Das Volk der Kuna hat offenbar erfolgreich für eine gewisse Autonomie innerhalb von Panama gekämpft und gewonnen. Nun organisierten sie sich zunächst isolationistisch (einige der Regeln gelten noch, so dürfen Kuna keine Beziehungen mit Nicht-Kuna eingehen), haben aber Ihre Gebiete für reisende geöffnet. Der so einsetzende, sehr extensive, Tourismus ersetzt die heute praktisch irrelevanten Einkünfte aus Kokosanbau.
Yatistas zahlen auf manchen Inseln 10 USD für einen Ankerplatz, es gibt eine kleine „Cruising-Gebühr“ (20 USD, wenn man sich anmeldet) und die Kuna verkaufen hochwertige Handarbeiten, Früchte etc. per Kanu an den Booten.
Im Archipel verzichten viele auf einen westlichen Lebensstil, nur auf einigen der küstennahen Inseln sieht man das Flimmern der Fernseher aus den Hütten dringen. Mit europäischem Maßstab gemessen ein außerordentlich armes Leben auf den wunderschönen aber letztendlich eher lebensfeindlichen Koralleninseln. Aber wie das mit Maßstäben so ist: In ihrer Welt erleben wir die Kuna als glückliche und freundliche Menschen. Sicher werden sie Ihre Probleme haben, aber wer hat die in Europa nicht?
Wir bleiben für einige Tage und erforschen Inseln und Riffe bis es uns wieder in die lateinamerikanische Zivilisation zieht: Alytes braucht ein neues Antifouling und wir müssen uns für die Pazifiküberquerung vorbereiten. Zudem erwarten wir mit Neugier unsere Mitsegler, die in Colon zu uns treffen werden.
Bücher: Europas Strippenzieher: Wer in Brüssel wirklich regiert, Cerstin Gammelin und Raimund Löw
Musik: Wellenrauschen und Palmen-Rascheln